Ich liege mit meinen beiden Kindern im Bett. In jedem Arm liegt eins und sie sind gerade dabei einzuschlafen. Ich liege hier und atme durch. WIR atmen durch. Ein Meilenstein ist geschafft. Die Zeit die hinter uns liegt, war herausfordernd und mich hat sie häufig an meine Grenzen gebracht. Heute ist eine Last von meinem Herzen gefallen. Heute haben wir gefeiert.
Und während ich hier liege und durchatme, weiß ich schon, welche Herausforderungen morgen auf mich warten. Da gibt es gerade noch ein paar mehr. Aber das ist jetzt egal. Jetzt genieße ich den Moment.
Ich genieße den Moment, denn ich weiß, das hier, das ist das Leben. Ein Leben in dem wir uns freuen und leiden, ein Leben in dem wir alles im Griff haben und dann wieder alles drunter und drüber geht, ein Leben in dem wir verletzt werden und heilen, ein Leben in dem manchmal alles stimmt und manchmal gar nichts. Seitdem ich lerne das zu akzeptieren, lerne ich auch das Leben lieben. Und ich kann die kleinen Dinge genießen und feiern, auch mitten im Chaos.
Und sind es nicht oft die kleinen besonderen Momente in den herausfordernden Zeiten, an die wir so gerne erinnern? Ich denke so gerne an die Flurgespräche mit meiner Freundin Anna, die uns durch eine schwierige Zeit getragen haben. Oder an spontane nächtliche Mc Donalds Besuche, während dem Ausarbeitungsschreiben in der Bibliothek.
Das Leben passiert mittendrin. Da begegnen wir Menschen. Begegnen wir uns selbst. Begegnen wir Gott.
Deshalb mag ich auch eine der Sturmgeschichten der Bibel in Matthäus 14, 22-33 so. Denn während die Jünger gegen den Sturm kämpfen, steht plötzlich Jesus da sagt „ich bin da“. Und er stillt den Stum. Aber vorher lässt er Petrus noch auf den Wellen zu sich laufen. Petrus läuft und er sinkt und Jesus zieht ihn raus. Es gehört alles dazu, der Sturm, die Ruhe, das auf dem Wasser laufen, das sinken und das herausgezogen werden. Und in all dem ist Jesus da und sie begegnen sich.
Ich will damit nicht sagen, dass alles was passiert gut ist. Aber ich fange an zu begreifen, dass nicht erst alles gut sein muss, damit wir leben können. Das hier und jetzt ist unser Leben. Es ist nicht fertig, nicht gewiss, nicht sicher, aber es ist echt, es ist geliebt, gehalten, getragen, begleitet. Mir fallen meine Kleinkinder ein, wie sie ständig durch diese krassen Gefühle gehen und alleine noch gar nicht damit klar kommen. Wie sie sich trösten lassen und an mich kuscheln. Wie wir uns begegnen in ihrer Hilfsbedürftigkeit. Jesus sagt: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ (Mt 18,3)
Ich möchte alles im Griff haben, aber ich fange an zu begreifen, es geht darum geliebt und gehalten zu SEIN. Inmitten all dieser leichten und schweren Phasen mit unserem Gott zu sein, der das alles überwunden hat. Er ist für mich da. Er sieht mich. Er ist mit mir. Ich lebe jetzt und hier mittendrin – geliebt und gehalten von Gott.
Vielen Dank liebe Hannah. Das hier ist mein Lieblingssatz: „Aber ich fange an zu begreifen, dass nicht erst alles gut sein muss, damit wir leben können.“ Den pack ich mir ein und wenn es jetzt immer dunkler draußen wird, erinnere ich mich hoffentlich dran.
Liebe Hannah,
so schön hast du das geschrieben! Ich finde mich wieder. Danke!
Liebe Grüße,
Judith
Liebe Hannah,
das sind wunderbare Worte, die du schreibst, und ich finde mich in einigen wieder.
Grenzen sind dehnbar und wir wachsen oft über uns hinaus, das sehen wir meistens erst, wenn wir zurückblicken. Wie du schreibst, ist „durchatmen“ sehr wichtig. Das kann man überall einbauen: im Wartezimmer beim Kinderarzt, bei der Arbeit zwischen zwei Besprechungen, Abends wenn die Kinder schlafen und der Haushalt erstmal warten darf …
Viele Grüße
Ines